Learning Days revisited

Veröffentlicht auf von Sash

In meinem Blog landen immer wieder Leute, die bei google nach den besten Methoden fahnden, auf die Ortskundeprüfung in Berlin zu lernen. Gut, ich bin kein Held im Lernen, aber ich habe die Prüfung bestanden. Immerhin. Da ich nun einmal so gelernt habe, wie ich gelernt habe, kann ich natürlich nichts sicher sagen über andere Methoden. Ich werde trotzdem für die neuen Anwärter hier ein paar - vielleicht dumme, weil allgemeine - Tipps geben.


Ganz zu Beginn: Nehmt euch Zeit!

Ich hatte auch den Plan, dafür höchstens 3 Monate zu brauchen. Im Endeffekt waren es dann über acht. Das soll niemanden entmutigen, denn ich bin echt miserabel im Lernen. Aber ich habe während der Zeit viele Leute kennengelernt, die länger gebraucht haben. Das ist noch nicht unnormal. Und plant nicht nur die Monate großzügig, sondern auch die mitunter weit auseinanderliegenden Termine für die Prüfungen (waren bei mir im schlimmsten Fall 5 Wochen)  und den Lernaufwand. 15 - 20 Stunden pro Woche sind Minimum!


Dann: Geht in eine Taxi-Schule!

Taxi-Schulen haben sich darauf spezialisiert, genau dieses Wissen zu vermitteln, und zudem bieten sie für ihr Geld gleich auch noch Lernmaterialien an, die man anderswo erst einmal suchen, und zu guter Letzt teuer bezahlen muss. Die Ausbildung in einer Taxischule wird ein paar hundert Euro (die Unterschiede sind groß!) kosten, aber wahrscheinlich eine Menge Zeit sparen. Und da man den P-Schein in der Regel zum Arbeiten braucht, ist Zeit in dem Falle auch Geld.


Seht zu, dass ihr brauchbares Material habt!

Stadtplan an die Wand, und los geht's? Nix is. Damit werdet ihr in 95% der Fälle verlieren, weil Stadtpläne Fehler enthalten - und zwar eine ganze Menge. Macht euch klar, dass es nur einen Teil ausmacht, ob ihr wisst, wo ihr lang müsst. Die genaue Kenntnis der Straßennamen ist aber mindestens genauso gefragt. Ich hatte einen Stadtplan bei mir im Zimmer an der Wand hängen für die grobe Richtungspeilung, dazu hatte ich den Spezialatlas von Axel Rühle, und da ich die kniffligen Stellen darin bald mehr oder minder auswendig kannte, habe ich für "genauere" Tourenplanung einen Autofahreratlas benutzt.


Für die schriftliche Prüfung:

Die schriftliche Prüfung ist eigentlich nur ein Vokabeltest. Ihr habt zwar über 1000 Vokabeln zu lernen, aber hier muss man nicht viel nachdenken. Ich habe darauf mit Karteikarten gelernt, und dieses System ist meines Wissens nach für derartige Aufgaben auch das geeignetste. Das lässt sich natürlich auch mit einem php-Script und einer Datenbank erledigen, aber ob viele von euch das testen wollen, weiss ich nicht. Ich lerne eben gern am Computer. Nun ist die Frage: Lernt man die ganzen Objekte nicht besser gleich richtig - also nicht nur, an welcher Straße sie liegen, sondern gleich auch wo die ist, auf welcher Seite und zwischen welchen Querstraßen? Da scheiden sich wahrscheinlich die Geister. Ich hab das nur teilweise gemacht. Es macht die Sache sicher spannender, aber im Nachhinein glaube ich, ich hätte gleich einfach stur nach Karteikarten lernen sollen, dann hätte ich die schriftliche Prüfung schnell gehabt und hätte z.B. die Straßen mit ihren Start- und End-Punkten gleich wieder aus dem Gedächtnis kicken können beim Lernen auf die mündliche Prüfung. Ich denke, wenn man das zu Beginn mit Karten angeht, kann man die Schriftliche eigentlich in 3 Wochen angehen. Aber so war es bei mir wie erwähnt auch nicht!


Für die mündliche Prüfung:

Hier wird es natürlich schwerer. Wer ein fotografisches Gedächtnis hat, der hat es eindeutig gut. Ich kann mir Bilder wahnsinnig schlecht merken, aber ich habe in den Prüfungen dennoch gemerkt, dass einem das in brenzligen Situationen oft aus der Patsche hilft. Das wichtigste grundsätzlich ist natürlich, zu wissen, wo die Objekte liegen. Am besten gleich mit den wichtigsten 10 Straßen drumrum, so dass man es gedanklich von jeder Seite aus anfahren kann. Die Kenntnis übers komplette Stadtgebiet ist völlig irrelevant, wenn man die Objekte nicht kennt. Wichtig (weil enorm vereinfachend) ist es zum Beispiel, auch die Ortsteile wie Objekte zu lernen. Merkt euch bloß nicht, wie es in Französisch-Buchholz grundsätzlich aussieht. Merkt euch einfach, wo der Hugenottenplatz liegt, denn mehr braucht ihr in der Gegend nicht! An diesem Punkt werdet ihr auch merken, dass viele Objekte fast am gleichen Platz liegen, oder es tatsächlich keinen Unterschied macht (weil man bei beiden erst an der gleichen Kreuzung wenden kann z.B.) Das ist insbesondere in der Gegend Ku'damm bis Kantstr. oft der Fall, und da merkt man sich am besten gleich kleine Gebiete, weil eh an jedem Eck ein Objekt liegt. Hier hilft vielleicht sogar tatsächlich, sich das mal in der Realität anzusehen. Hab ich nicht oft gemacht, aber meistens ist einiges gleich hängengeblieben. Das lohnt sich natürlich nicht beim Helios-Klinikum Buch, das ganz alleine in der Wildnis liegt. Außerdem müsst ihr ein Gespür kriegen für die wichtigsten Hauptverbindungsrouten. Oftmals gibt es nur zwei oder drei Strecken, die sich anbieten, wenn man in bestimmte Richtungen will. Das ist der große Vorteil daran, dass es in Berlin so viel Wasser gibt. Das Wissen, über welche drei Brücken man überhaupt nur nach Friedrichshain kommt, ist schon ziemlich wertvoll. Bei vielen Hauptrouten habt ihr keine Alternative, so dass ihr bei vielen Objekten nur wissen müsst, wie ihr zur entsprechenden Route kommt. Es ist de facto kein großer Unterschied, von Wannsee oder vom Potsdamer Platz nach Buch zu kommen - die eine Route umfasst nur ein paar Standard-Straßen mehr, die man aber nur schwer wieder vergisst, weil man sie ständig braucht. Dabei werdet ihr feststellen, dass gerade lange Strecken oftmals nicht so schlimm sind, weil es immer das Gleiche, nur in Grün, ist. Zudem sind die Prüfer bei langen Strecken kulanter, was Umwege angeht.

Ansonsten: Übung! Geht so viele Fahrten wie möglich durch, am besten willkürlich. Wenn ihr bei einer Ecke Zweifel habt, dann schaut nach und überprüft es. Notfalls acht Mal am Tag denselben Platz. Irgendwann sind die ganzen "fiesen Ecken", die im Spezialatlas drinstehen, sicher im Hirn verankert. Der Überblick über die ganze Stadt kommt mitunter erst spät.

Verzettelt euch nicht an Einzelfahrten! Den ultimativ kürzesten Weg zwischen zwei Objekten zu kennen, ist fantastisch. Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Strecke drankommt, und die 20 Meter, die ihr mit den fünf kleinen Straßen, die niemand kennt, spart, jemanden interessieren, liegt fast ganz genau bei Null. Wenn zwei Strecken nahezu parallel laufen, dann merkt euch wenn möglich die wichtigere. Es ist so viel Wissen nötig, da muss man es sich nicht unnötig schwer machen. Zuviel Mut zur Lücke kann ich zwar nicht empfehlen, aber alles kann man nicht wissen. Glaube ich zumindest. Allerdings muss ich auch gestehen, dass ich z.B. in einer Prüfung unter anderem verkackt habe, weil die Prüfer mich vom Klinikum Hellersdorf zum anderen Standort des Klinikum Hellersdorf geschickt haben.

Es gibt viele Leute, die behaupten, die Außenbezirke kann man ignorieren. Es gibt andere, die sagen, sie lernen die Ortsteile nicht. Einer hat sogar mal gesagt, er kennt sich in Mitte eigentlich nicht aus... eine Garantie, was die Prüfer abfragen, gibt es aber nicht. Wobei ich z.B. den Eindruck habe, dass die Flughäfen spätestens bei der dritten Prüfung auftauchen werden. Aber damit alleine ist auch noch nichts gewonnen.

Der wichtigste und gleichermaßen bescheuertste Tipp ist allerdings tatsächlich: "Lasst euch nicht unterkriegen!" Es ist normal, dass man durchfällt, die Prüfung existiert ausschließlich, um Leute abzuhalten, die das nur mal eben kurz machen wollen. Hängt euch rein, und: Seid nett zu den Prüfern! Ich hab oft während der Prüfung mit ihnen geredet und rumgescherzt - bei mir waren sie um Hilfen und Tipps nicht verlegen.

Veröffentlicht in Taxi - Ausbildung

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